Feminismus, dieses große böse Wort, und Schlägerei, auch noch das. Immer diese Extreme. Ich sehe schon alte weiße Männer, die den Zeigefinger austrecken und rufen „Seht ihr, wir haben es doch gewusst.“ Sicher habt ihr das, aber was genau steht noch zur Debatte. Heute startet dieser Blog über Feminismus. Darüber, warum die Energie der Extreme braucht, warum Kuschelfeminismus vielleicht besser aussieht, aber übers Aussehen eben nicht hinaus geht.
Warum wir Feministinnen sind
Ich könnte euch hier eine lange Liste an Gründen nennen. All die Diskriminierungen und Übergriffe, die Frauen tagtäglich erleben, die wir selbst schon erlebt haben, und warum sie nicht okay oder halb so wild oder was weiß ich sind. Auch, warum es hier nicht um Komplimente oder das Tür aufhalten geht, sondern die Basis dahinter. Aber ich möchte euch viel mehr erzählen, wie ich selbst dazu gekommen bin, für das Recht von Frauen einzustehen. Mareike beispielsweise sagt, dass es für sie keine Initialzündung gab. „Ich bin den einen Tag aufgewacht und wollte mehr zum Thema Feminismus erfahren, hatte aber keine Bücher dazu. Bin in den Buchladen gefahren, habe Bücher mitgenommen…“ So einfach kann es also sein. Aurelia dagegen weiß, dass es ein längerer Prozess aus Babysteps war. Kleine Schritte, die uns dazu geführt haben, uns Feministen zu nennen und gemeinsam diesen Blog zu starten.
Natürlich gibt es immer einen Prozess, selbst wenn er uns manchmal gar nicht so bewusst ist. Er hat uns gezeigt, dass wir nicht darauf warten können, dass sich die Sache von selbst regelt. Das wird nicht passieren. Es ist viel zu einfach beim Status quo zu bleiben und Frauen weiterhin zu benachteiligen. So normal, dass uns immer wieder gesagt wird, es gäbe diese Benachteiligung nicht, Feminismus wäre unnötig. Oder gar, wir hätten schon gewonnen, denn die Waffen der Frau wären unschlagbar. Zwinker, Zwinker.
Ohne Kraft geht es nicht
Ich ging noch in die Grundschule, da hat mir mein Großvater immer wieder erklärt, ich könne als Frau nicht beides haben, Karriere und Kinder. Er zielte vor allem auf meine Mutter, die es sich, unverschämter Weise, erlaubte, zwei Kinder zu haben und zu arbeiten. „Das geht nicht“, sagte mein Opa. Er meinte, sie könne keine richtige Mutter sein und darum auch keine richtige Frau. Und ich war schon immer stur. Wenn ich etwas wollte, dann hielt ich darauf zu und verlor es nicht aus den Augen. Ich wusste, ich wollte einmal Kinder haben. Ich wusste, ich wollte arbeiten. „Doch klar geht das“, antwortete ich meinem Opa.
Wir führten diese Diskussion über Jahre hinweg. Er stellte sich quer, war aus Prinzip gegen alles, und ich gab Kontra. Das Thema wurde mir so wichtig, dass ich die männlichen Verwandten auf Familienfeier anhielt, doch auch mal in der Küche zu helfen und vehement protestierte, wenn meine Oma erklärte, es sei viel besser ein Junge zu sein, „denn die dürfen alles machen, ein Mädchen muss alles machen.“ Kurz, ich war schon jung eine ziemlich nervige Erscheinung, wenn es um Alltagssexismus ging. Noch immer höre ich dann das „Geht nicht“ meines Großvaters.
Wir wollen nicht warten
Auch, wenn er in vielen Dingen ein konservatives Weltverständnis hatte, bin ich überzeugt, er wollte mir zeigen, wie wichtig es ist, seine Kraft zu bündeln. Wenn ich beim kleinsten Widerstand aufgebe, ist der Kampf unwichtig. Als die große Frage im Raum stand, weil ich während des Studiums mein erstes Kind bekam, wollte er nur wissen, was aus meiner Ausbildung, meiner Karriere würde. Er wollte wissen, ob ich verstanden habe, dass ich als Frau kämpfen muss, um Gerechtigkeit zu erfahren. Nein, mein Großvater war mit Sicherheit kein Feminist, er würde mir noch immer Kontra geben, wenn er noch hier wäre. Und heimlich würde er sich freuen, dass ich weiß, wann es sich zu kämpfen lohnt.
Feminismus oder Schlägerei macht klar, dass wir nicht mit Kuschelattitüden vorankommen. Wir brauchen Kraft, wir brauchen Energie, wir haben sie. Wir informieren uns und reden darüber, diskutieren und sind bereit, uns zu streiten, zu kämpfen um unser Recht auf Gleichberechtigung und gegen Sexismus. Weil es nicht genug ist und wir nicht einfach warten können. Weil es immer jemanden gibt, der uns ein „geht nicht“ entgegenschleudert, nur weil wir Frauen sind.