Von „Dudebros“ und „Feministen“
Es ist kein Geheimnis, dass unsere Gesellschaft von patriarchalen Strukturen geformt wird. Innerhalb feministischer Kreise, besonders im Internet, hat sich eine Art Mann formiert, die halb im Scherz als „Dudebro“ bezeichnet wird. Was dieser Name beschreibt, sind Männer, die sich selbst als Feministen bezeichnen, gegen die Strukturen vorgehen und sich dafür feiern lassen, jedoch hinter der Fassade weiterhin ihre alten Ismen und männliche Bevorzugung betreiben.
Wer diese Männer sind, wird oft deutlich, wenn man sich länger mit ihnen beschäftigt. Sie hören von Frauen, dass ein Mann etwas getan hat und sind weiterhin mit ihm befreundet, weil „es sie ja nichts angeht“. Sie hinterfragen wenig und tolerieren viel, wenn es um die Männer in ihrem Freundeskreis und sie selbst geht. Sie nennen sich selbst „woke“ und wollen für jede feministische/politische Kleinigkeit, die sie machen/fördern, gefeiert werden. Und vor allem gehen sie anderen Feminist*innen mächtig auf die Nerven.
Männlichkeit in den Soziale Medien
Wo, wenn nicht in den Sozialen Medien, breitet sich diese Art Mann besonders gut aus? Männlichkeit in den SoMes ist ein Thema, über das sich ganze soziologische Dissertationen schreiben ließen. Für diesen Beitrag will ich mich auf Plattformen wie Youtube, Facebook und Twitter beschränken.
Das Problem bei „Dudebros“ ist nicht, dass sie nicht lernwillig wären oder primär antifeministisch denken würden. Es ist eher, dass man ihre Ismen immer vorsichtig umgehen muss, weil man in der Angst lebt, dass sie wütend werden. Dann ist man der/die undankbare Feminist*in, der/die „ein schlechtes Licht auf Feminismus wirft“, „nie zufrieden ist“ und „abschreckt“.
Auch die Kommentare dieser Männer, sind anstrengend. Gut gemeinte Kommentare, die tatsächlich aber mehr als banal sind, Punkte ansprechen, die von hunderten Frauen bereits erläutert wurden und dafür dann Lob einheimsen wollen. Die fehlende Reflexion über sich selbst ist es, die das Internetverhalten dieser Menschen definiert. Sie sind es auch, die sich als Feministen bezeichnen, bei Bewegungen wie #MeToo, #TimesUp und #MenAreTrash mit verzerrter Mine dasitzen und sich fragen, warum Frauen ihnen gerade nicht zuhören wollen. Sie haben ja so viel dazu zu sagen.
Die Tatsache, dass es eben nicht um sie geht, kommt nicht an. Sie sind es gewöhnt, Lob dafür zu bekommen, sich Feminist zu nennen und Punkte von Frauen zu wiederholen. Zwischen dem, was sie auf Twitter behaupten zu sein und was sie im echten Leben denken, liegen Welten. Diese Männer denken, Feminismus sei Frauensache. Dass sie helfen, ist eine wohlwollende Geste. Etwas, für das man ihnen doch bitte die Füße küssen soll, weil „schaut mal wie großartig es ist, dass sie sich mit so einem Thema beschäftigen“.
Freunde, so funktioniert das Ganze nicht.
Männer helfen Männern, Frauen auch
Es sind diese Gruppierungen von Männern, die das Patriarchat in seiner Gänze für sich nutzen. Sie streichen die Vorteile Mann zu sein ein und beanspruchen gleichzeitig Lob dafür, dass sie sich Feministen nennen.
„Dudebros“ sind es, die fast nur andere Männer fördern. Die in einer feministischen Diskussion den einen Mann retweeten, der auch was dazu gesagt hat. Auch, weil dieser Mann meistens einfach die Punkte von mehreren Frauen zusammengefasst hat. Dann hat man was fürs gute Gewissen getan und kann den Freund*innen zeigen, wie „woke“ man doch ist.
Auch in der Forschung, nehmen sie sich selbst und generell Männer wichtiger, als alles andere. Sie schreiben Artikel über Frauen und B_PoCs, statt deren Artikel zu fördern. Sie rezipieren keine Forschung von Minderheiten und wenn, dann selten und nur, wenn sie die Personen dahinter persönlich kennen. Auf Youtube schauen sie nur Männer, weil das ja die Witzigen sind und überhaupt, „es gibt halt kaum Frauen da, die sich nicht nur schminken!“
Dass das Blödsinn ist und eine schale Ausrede darstellt, um den eigenen Konsum nicht überdenken zu müssen, ist ihnen meistens selbst klar. Aber diese Ausrede greift, also wird sie eben genutzt. Die Tatsache, dass man Frauen mehr schauen, lesen und stützen sollte, eben weil es so wenige von ihnen in allen Bereichen gibt, wird ignoriert.
Wenn ein problematisches Outlet diesen Männern Aufmerksamkeit schenkt, wird diese angenommen und nicht hinterfragt. Wenn sie mal wieder in einem Sammelband erscheinen, der von Männern über Männer (oder männliche Forschung) geschrieben wird, ist das trotzdem eine „tolle Gelegenheit, die man halt nicht ausschlagen will“.
Maskulinität und unbequemer Feminismus
Diese Art von Maskulinität und fehlender Selbstreflexion ist es, die „Dudebros“ zu einer der anstrengendsten Gruppe an Menschen macht. Weil man sie braucht. Es sind meistens genau diese Männer, die Einfluss haben. Deren Retweet oder Empfehlung richtig viel bringen könnte. Es ist absolut frustrierend, ihnen das Lob geben zu müssen, um das sie buhlen. Weil man weiß, dass sie sich Feminismus nur auf ihre Fahne schreiben, um sich selbst zu bewerben. Nicht, um der Sache willen. Sie verstehen nicht, was Feminismus wirklich ausmacht. Wie er auch ihnen hilft. Wie wichtig dieses Thema ist.
Sie schreiben zehn Hottakes über einen Mann, der mal was Antifeministisches oder Skandalöses gemacht hat, statt ihren Einfluss dafür zu nutzen, Frauen zu bewerben. Und andere Männer finden das gut. Genau wie Frauen das oft toll finden, weil „zumindest ist er Feminist“. Unser Maßstab ist mittlerweile so tief angesetzt, dass wir dankbar und froh sind, wenn ein Mann mal nicht ein offensichtliches Arschloch ist. Das Internet ist unterteilt in Männer, die offen zeigen, dass sie nichts von Feminismus und PC-Kultur halten und denen, die das verstecken. Vielleicht ist ihnen selbst nicht klar, dass sie in ihren „Bemühungen“ trotzdem Schaden anrichten. Vielleicht schon.
Fakt ist, dass Frauen besser überlegen müssen, wem sie endloses Lob zusprechen und wen sie in ihre Timelines teilen. Männer hingegen müssen sich klar werden, dass es sehr einfach ist, nicht zu reflektieren. Es ist einfacher und bringt ihnen mehr und ist reibungsloser. Aber wenn sie wirklich dem Feminismus helfen wollen, müssen sie darüber hinwegsehen.
Frauen sind sich bewusst, dass Feministin sein negative Auswirkungen hat. Beschimpfungen sind da nur die Spitze des Eisbergs.
Männer können Feminist heißen, ohne Nachteile einzustreichen. Sie müssen aktiv annehmen, dass Feminismus keine schöne Komplimentewelle von Frauen, während man gleichzeitig weiterhin von patriarchalen Strukturen profitiert, bedeutet. Es ist keine Schande zu einem gewissen Grad ein „Dudebro“ zu sein. Es ist aber eine Schande, wenn man(n) diese Realisation nicht dafür nutzt, ein bisschen über sich selbst nachzudenken.
Anleitung, um kein „Dudebro“ zu sein
- Nicht nur Tweets und Beiträge liken, sondern auch lesen und teilen!
- Vor Kommentaren zu feministischen Themen überlegen, ob der Kommentar wirklich sein muss und ob das nicht vielleicht schon eine Frau geschrieben hat (dann den Kommentar von ihr liken).
- Mehr von Frauen schauen/lesen, empfehlen und ihnen so helfen.
- Den eigenen Freundeskreis kritisch betrachten und sich von denen trennen, deren toxisches Verhalten man vorher toleriert hat.
- Nicht nach jeder politischen Äußerung Lob verlangen.
- Feminist*innen, die ihr toll findet, ab und an mal „Danke“ sagen.
- Nicht die Stimmen von Minderheiten nutzen, um Threads/Texte zu schreiben, die euch Aufmerksamkeit bringen. Stattdessen Own-Voice-Texte/Tweets teilen.
- Nennt euch nicht selbst „woke“. Wenn ihr denkt, dass ihr „woke“ seid und über alle Issues bescheid wisst, dann seid ihr mit großer Sicherheit nicht „woke“.
- Seid euch eurer Privilegien nicht nur bewusst, sondern nutzt sie auch für andere und brecht sie herunter, wenn sie der Grund sind, warum Minderheiten benachteiligt werden.
- Seid intersektional oder lasst es. Wenn ihr nur weiße Frauen stützt, die euch in den Kram passen, dann seid ihr keine Feministen, sondern Arschlöcher.