In den letzten Monaten hatte es sich angekündigt, über die letzten paar Wochen ist es passiert: Die Buch-Bubble hat sich zerlegt. Potentiell endgültig – zumindest nach mir, wenn die andere Seite da nichts Grundlegendes ändert. Die Erfahrung aus Kinderserien und den Feuilletons dieser Jahre, die die „gemäßigte Mitte“ loben, mag da schnell „Spaltung“ rufen und dafür verurteilen. Aber passiert das hier tatsächlich?
[Triggerwarnung: Gewalt (als Metapher), Diskriminierung, impliziter Bezug auf den Streit in der Bubble der Buchbloggenden]
„Spaltung“ ist etwas, das besonders Teilen der linken Szene immer wieder vorgeworfen wird. Und es gibt ein klares Muster: Gespalten wird dann, wenn einzelne Menschen in diesen Bewegungen andere auf ihr negatives oder schädliches Verhalten hinweisen, das als solches benennen oder gar – gasp! – verlangen, dass Konsequenzen daraus gezogen werden, wie eine Entschuldigung oder gar nachvollziehbare Besserung. So zumindest der Vorwurf, der dann laut wird. Immerhin ist „das Klima vergiftet“, ein „Ruf zerstört“, womöglich von mehreren Menschen (und irgendwie fast immer weißen cis Männern, schon seltsam) – und ja, oft arbeitet die Gruppe als solche dann nicht mehr zusammen. Sie ist gespalten.
Aber witzigerweise ja nicht, weil die Menschen, die auf diese Dinge aufmerksam gemacht haben, das so wollen. Die wenigsten Betroffenen ziehen sich einfach so aus gemeinsamen Projekten zurück. Deswegen, das sollte hier mal allen klar sein, haben sie dazu jedes Recht. Wenn jemand diskriminierende Scheiße über mich redet, dann muss ich nicht mehr mit dieser Person zusammen Projekte oder politische Arbeit oder was auch immer machen. Diese Person hat kein Recht mehr darauf, dass ich ihr in irgendeiner Weise zuhöre. Und sie hat erst recht keinen Anspruch darauf, dass ich ihr das lang und breit erkläre.
Bildungsarbeit von Betroffenen für Dich ist ein Privileg
Irgendwie leben wir aber immer noch in miesen Unterdrückungsstrukturen und von Diskriminierung betroffene Personen werden von früh auf daran gewöhnt, sich zu erklären. Deshalb kann es passieren, dass wenn Du Scheiße baust, wir Dir trotzdem erklären, weshalb, und was Du bitte für weniger Diskriminierung und für uns besser machen sollst. Weil wir Dich vorher sehr gern mochten! Das ist dann awesome!
Wenn eine Person diese Chance nicht nutzt, nicht zuhört und weiter diskriminierenden Mist verbreitet, dann ist es nur logisch, wenn Betroffene sich von ihr abwenden. Wenn mir jemand dauernd zur Begrüßung eine reinhaut und ich schon dreimal gesagt habe, dass seine Kumpels das vielleicht witzig finden, ich aber nicht, dann treffe ich mich ja auch nicht mehr mit dieser Person. Und wenn es um Diskriminierung geht, also in diesem Beispiel darum, dass mir ohnehin schon dauernd irgendwelche Typen auf der Straße meinen, eine reinhauen zu müssen, erst recht nicht mehr.
Spaltungen von Bewegungen sind nicht schön, fast immer schmerzhaft, und ja, von außen sieht es oft so aus, als wären sie zu verhindern. Aber ich hätte keinen Bock, von außen irgendwelchen von Diskriminierung Betroffenen zu erklären, sie sollen sich mal nicht so aufregen.
Weshalb ich Spaltungen in Kauf nehme
Das hier ist nicht mehr und nicht weniger als unser Überleben. Wenn mir dauernd eine reingehauen wird, dann bin ich darauf angewiesen, Umgebungen zu finden, in denen das nicht so ist. Und ja, manche Menschen stört es nicht, wenn ihnen eine reingehauen wird, manche finden es witzig und manche gar in fast allen oder allen Situationen ganz nett. Manche Betroffenen von Diskriminierung stört das halt auch nicht. Das gibt trotzdem niemandem das Recht, es außerhalb von Räumen mit nur genau diesen betroffenen Menschen zu reproduzieren, ohne Kritik daran zu ernten.
Zurück zur Schlägerei. Wenn mir dauernd eine reingehauen wird, dann schlage ich zurück. Und wenn so lange mit anderen Mitteln auf mich eingewirkt wird, die ich so nicht reproduzieren kann (weil die andere Person nicht so diskriminiert wird) und will (weil ich kein Arschloch bin), dann kann es sein, dass es mir irgendwann nicht reicht, mich Situationen zu entziehen, besonders, wenn das nicht akzeptiert wird.
„Feminismus oder Schlägerei“ ist eine Überlebensstrategie. Spaltungen sind das auch. Liebe misogyne Typen in der Buchbubble, wir sind weder ständig verfügbare Enzyklopädien noch abrufbare Wiedergutmachende für euer Gewissen. Macht euren „kuscheligen“ (meinten Sie: diskriminierenden) Scheiß alleine. Wir können uns den nicht leisten.