Es ist Pride Month!
Anlass genug, eine Literaturliste zu diesem Thema zu erstellen. Gestern habe ich zusammen mit Julia von Bumfuzzlednerd im Rahmen von Framed Worlds über jede Menge Graphic Novels, Mangas und Comics zu diesem Thema gesprochen. Wer sich das nochmal angucken möchte, wird hier fündig (Dauer: 01:17:00).
Wer lieber den Schnelldurchlauf möchte, lese einfach weiter.
Im Gegensatz zum Livestream stelle ich hier nur die Comics vor, die ich empfehlenswert finde.
Gengoroh Tagame – Der Mann meines Bruders
Yaichi ist alleinerziehender Vater der sprudelnden Kana. Eines Tages steht Mike vor der Tür, der Ehemann von Yaichis verstorbenem Zwillingsbruder. Mike möchte nochmal das Heimatland seiner großen Liebe besuchen und auch die Familie kennenlernen. Während Kana total begeistert ist, so einen coolen Onkel zu haben, wird Yaichi immer wieder mit seinen Vorurteilen konfrontiert. Durch Kanas Offenheit und gnadenlose Neugier öffnet sich Yaichi immer mehr, und erinnert sich auch wieder mehr an seinen Bruder.
Die Charaktere dieses Mangas sind unglaublich sympathisch gezeichnet, auch Yaichi mit seinen Vorurteilen, die er zu überwinden beginnt. Sehr schön ist auch “Mikes Gay Culture” Kurse, kleine Einschübe, in denen Dinge wie der Rosa Winkel oder die Gleichgeschlechtliche Ehe erklärt werden. Hier hat der Verlag die Infos auch aktualisiert, da sich zwischen der Erstveröffentlichung in Japan und der Veröffentlichung in Deutschland noch ein bisschen was getan hat.
Love is Love (Anthologie)
Als 2016 der Pulse Club in Orlando angegriffen und 49 Menschen in einem Hassanschlag ihr Leben verloren, stand die Welt ganz kurz still. 49 Menschen. Ermordet, weil sie nicht hetero waren. Vor allem in Amerika ging durch die LGBTQ* Community eine Welle der Trauer, Ohnmacht, Angst, Verzweiflung.
In der Comic Anthologie Love is Love verarbeiten Künstler*innen, LGBTQ* und Allies, diesen Anschlag. Auf maximal zwei Seiten pro Künstler wird der Trauer und auch der Angst Raum gegeben, aber auch der Hoffnung und vor allem der Liebe. Auf jeder Seite spürt man die Zuneigung zu den Verstorbenen und zu den Lebenden. Keine andere Anthologie hat mich je so tief berührt wie Love is Love, und bei kaum einem Comic habe ich so viel geweint wie hier. Sie ist ein wunderschönes Gedenken der Opfer, aber gleichzeitig auch ein Aufruf an die Lebenden, weiter zu lieben. Love is Love.
Side Note: von dem Erlös gehen 3€ an LGBTQ*-Verbände in den USA und den LSVD, um die Communities zu unterstützen.
Naoko Takeuchi – Sailor Moon
Sailor Moon und die anderen Sailor Kriegerinnen kämpfen regelmäßig, um die Menschen und die Erde vor Feinden und Eindringlingen zu beschützen, die sich die Erde Untertan machen und die Menschen vernichten wollen. Sie kämpfen mit Magie, Freundschaft und Liebe.
Soweit, so gut, aber was hat diese Mangareihe hier verloren? Sie hat doch kein explizites LGBTQ* Thema?!
Das stimmt. Das Hauptthema ist ein anderes. Aber Sailor Uranus und Sailor Neptun waren das erste lesbische Pärchen, das ich in einer Serie sah, nämlich in der Sailor Moon Anime Serie. Dort wurde durch kleinere und größere Gesten gezeigt, dass die beiden ineinander verliebt sind. Im Manga wird das noch deutlicher, und noch mehr.
Haruka a.k.a. Sailor Uranus kleidet sich so, dass sie von anderen männlich gelesen wird. Bunny (Sailor Moon) fragt Haruka an einer Stelle, ob sie ein Mann oder eine Frau sei. “Mann…Frau…ist das nicht egal?” Ein wenig später in der Geschichte geht es noch weiter, als Neptun erklärt, Uranus sei weder eindeutig Mann oder Frau, besitze aber als Kriegerin die Stärken beider Geschlechter. Das wird im Anime nie gezeigt.
Ein weiteres Beispiel, dass Geschlecht bzw. Äußerlichkeiten veränderlich sind, sind die Sailor Star Lights in der letzten Staffel. Als Menschen treten sie körperlich als männlich gelesen in Erscheinung. Bei ihrer Verwandlung in Sailor Kriegerinnen sieht man, wie sich ihre Körper in weiblich gelesene verwandeln. Zudem verliebt sich eine*r der drei in Sailor Moon.
Julia Maroh – Blue is the Warmest Color
Clementine, noch in der Highschool, wird von ihrem besten Freund in eine Gay Bar mitgenommen, wo sie auf Emma trifft. Die beiden finden sich auf Anhieb faszinierend und freunden sich an. Clementine hat mit ihren Gefühlen für Emma zu kämpfen, in der Schule wird sie von einer “Freundin” dafür verurteilt, lesbisch zu sein. Clementine kann damit nichts anfangen, denn sie ist der Meinung, sie sei es nicht. Gleichzeitig wachsen ihre Gefühle für und ihr Verlangen nach Emma. Doch die ist mit Sabine zusammen…
Blue is the Warmest Color ist nicht nur einfach eine Coming of Age Geschichte. Es geht vor allem auch darum, die eigene Sexualität zu entdecken und sie zu akzeptieren – auch oder gerade wenn sie eben nicht der Heteronormativität der Gesellschaft entspricht.
Catherine Castro & Quentin Zuttion – Nennt mich Nathan
Nathan ist ein Junge. Anfangs weiß er nur, dass er seinen weiblich gelesenen Körper nicht mag, er hasst die Menstruation, seine Brüste und fragt seinen Bruder, wie sich der Stimmenbruch anfühlt. Als er sich seinen Eltern anvertraut, wollen diese das nicht glauben, stellen sich dagegen, er sei bestimmt nur verwirrt, das sei nur eine Phase… Aber Nathan geht seinen Weg, auch mit seinen Eltern, beginnt seine Transition. Seine Freunde und sein Bruder unterstützen ihn, und auch seine Eltern wachsen in ihre Elternschaft von zwei Söhnen hinein.
Ich kann nicht sagen ich wüsste, wie es sich anfühlt, trans zu sein. Dennoch habe ich das Gefühl, dass Castro und Zuttion sehr gut darstellen, wie Nathan sich fühlt, tlw. auch mal mit etwas drastischeren Bildern, aber immer sehr nah an ihm dran.
“Die Sterne…haben die ein Geschlecht?”
– Nathan, Nennt mich Nathan
Sophie Labelle – Serious Trans Vibes
Serious Trans Vibes ist ein Webcomic von Sophie Labelle über die beiden Teenagern Steph and Ciel, beide queer und transgender. Witzig und einfühlsam erzählt Sophie Labelle durch die beiden, wie sich das Leben als trans Mensch gestaltet, und wie man sich auch gegenseitig unterstützen kann.
Bisher sind 59 Strips erschienen, die man alle kostenlos lesen kann (Link siehe oben).