[Triggerwarnung: Menstruation, Symptome, Transfeindlichkeit, Misogynie]
Viele Feministinnen äußern sich zum Thema Menstruation, engagieren sich für Enttabuisierung, rennen gegen die Überzeugung der Mehrheitsgesellschaft an, dass nur und ausschließlich cis Frauen allesamt menstruieren (sic).
Ich mache das nicht.
Mich nervt dieses Thema.
Nicht, weil es nicht wichtig ist, sondern weil ich von der Menstruation selbst genervt bin.
Menstruation und ich – eine Geschichte voller Augenrollen
Wer jetzt vermutet, meiner Grundgenervtheit liege eine vermutlich prüde, tabuisierende Erziehung zugrunde, ein restriktives Umfeld oder anderes, irrt sich. Meine Eltern haben mich relativ früh aufgeklärt, ohne den ein oder anderen körperlichen Vorgang als eklig abzutun oder mir ein Schweigegelübde darüber abzunehmen (Danke, Mama, dass wir uns bis heute über Eiterbeulen und Ebola beim Frühstück unterhalten können). Ich kann mich sogar daran erinnern, dass ich mich über meine erste Menstruation gefreut hatte und meine ersten Binden fast stolz gekauft habe.
Ich weiß nicht, wann es zu einer Änderung in meiner Wahrnehmung kam. Jetzt jedenfalls, und das auch seit Jahren, geht mir meine Menstruation einfach nur auf die Naht. Ich habe keine Schmerzen, Stimmungsschwankungen, Fressattacken oder andere Nebenwirkungen. Sie kommt an einem bestimmten Tag in der Pillenpause, bleibt ziemlich genau gleich lang, verändert sich nur, wenn ich Antibiotika nehmen muss. Sie ist vergleichsweise unspektakulär.
Und kommt mir jetzt bitte nicht mit angeblich empowerndem Zeug wie “aber die Natur ist doch so wunderbar, wie sie es dir jeden Monat ermöglicht, ein Kind zu bekommen”, “das gehört zum Frausein (sic) dazu, umarme es” oder dem Einreden eines schlechten Gewissens in Richtung “manche Frauen wären so froh, regelmäßig/überhaupt ihre Tage zu haben.” Mal abgesehen davon, dass Menstruieren nicht zwingend zum Frausein dazugehört (siehe unten), weiß ich das alles. Ich weiß, dass es ein natürlicher Prozess ist, dass andere Menschen sich statt eines Stimmbruchs lieber die Menstruation wünschten, ich weiß, dass Menstruation bei meinen körperlichen Voraussetzungen meistens ein Indikator ist, dass alles okay ist. Aber warum muss ich krampfhaft etwas (im übertragenen Sinn) umarmen, willkommenheißen, feiern, was mich maximal nervt?
Ähnlich wie viele Menschen mit ihren lockigen oder glatten Haaren unzufrieden sind und lieber andere hätten, verfluche ich meine Menstruation. Im Grunde fühle ich mich von ihr eingeschränkt. In der Zeit kann ich keinen Sex haben. Ja, ich weiß, technisch möglich, aber ich finde Blutschmierereien dann doch eher abtörnend. Ich muss das Blut irgendwie auffangen, ob nun mit Tampon, Binde, Menstruationstasse oder Free Bleed Höschen – irgendwas brauche ich. Hätte sich die Natur nicht eine andere Art automatisch eingebauten Schwangerschaftstest einfallen lassen können? Pickel am Ohrläppchen oder so?
Menstruation und andere Menschen
Und was mich bei mir nervt, will ich auch von anderen nicht wissen. Ich will nicht wissen, wie oft, wie lang, wie stark oder weniger stark, wie (un)regelmäßig meine Freund*innen bluten. Ich meine, ich will auch nicht wissen, wie euer Auswurf bei einer Grippe aussieht, wie oft ihr ihn aushustet und welche Konsistenz er hat.
Sidenote: Menstruationsschmerzen sind was ganz anderes, da renne ich auch für Freundinnen in die Apotheke, koche Tee und leiste soweit gewünscht Beistand.
Ich stehe nicht auf die Bilder mit blutigen Hosen, benutzten Tampons oder Binden. Ich stehe nicht auf intensiv geführte Gespräche über diese monatliche Nervensäge. Und ich stehe nicht drauf, wenn mir wohlmeinende Feminist*innen helfen wollen, meine Menstruation zu lieben oder noch besser, mir Ratschläge geben wollen, wie ich am besten mit ihr umgehe, inkl. ungebetene Aufklärung über das Toxische Schocksyndrom. Trägt nicht gerade dazu bei, dass ich mehr Lust auf meine Tage bekomme, und noch weniger dazu, dass ich drüber reden will.
Menstruation als konstruierter Geschlechtsindikator
Das ganze leidenschaftliche Augenrollen und aus tiefsten Herzen genölte “Diggah, behalte deine Periode für dich” mal beiseite. Ich spreche nicht gerne über die Menstruation. Es gibt allerdings eine Konstellation, die mich derart auf die Palme bringt, dass ich von ihr nicht mehr so schnell runterkomme: wenn renitente, rückständige, reaktionären Menschen, egal ob cis Männer oder cis Frauen (1), die Menstruation benutzen, um Geschlecht zu konstruieren und zu “beweisen”.
Hier noch einmal eine explizite Content Warnung für Transphobie für die nächsten Sätze!
“Du bist keine richtige Frau, auch wenn du eine Operation hattest. Du hast ja keine Menstruation und kannst keine Kinder bekommen.” (sic)
Oder auch: “Du kannst kein Mann sein, du hast doch einen Uterus und deine Tage. Du bist biologisch auf jeden Fall eine Frau!” (sic)
Guess what, Shithead, auch Menschen, die von Geburt an einen Uterus besitzen, bekommen nicht notwendigerweise ihre Menstruation oder sind in der Lage, Kinder zu bekommen. Wenn Frausein aber zwingend Menstruation und/oder Fruchtbarkeit beinhaltet, wird auch vielen cis Frauen, einzig denen Menschen mit dieser Argumentation ja das Prädikat “echte, richtige Frau” zuschreiben wollen, ihr Frausein abgesprochen. Schon scheiße, wenn die Diskriminierung nach hinten losgeht und euch in den Arsch beißt, oder?
Aber es geht noch weiter: Menschen ohne Uterus und/oder ohne Menstruation sind nicht zwingend keine Frauen. Menschen mit Uterus und Menstruation sind nicht zwingend Frauen. Durch solche Äußerungen wie oben Beispielhaft aufgeführt werden trans Frauen gewaltsam aus- und trans Männer ebenso eingeschlossen.
Einmal zum Mitmeißeln für alle: Menstruieren oder nicht menstruieren sagt nichts, n-i-c-h-t-s, über das Geschlecht aus. Hört auf zu versuchen, über irgendwelche physischen Begebenheiten krampfhaft “echtes” Geschlecht zu konstruieren. Das funktioniert nicht.
Mal ganz abgesehen davon, dass euch die körperlichen Vorgänge eines Menschen nichts angehen. Niemand ist euch auskunftspflichtig. Wenn ich von irgendeinem Backpfeifengesicht gefragt werde, ob ich (gerade) menstruiere, bekommt er unabhängig vom Zyklus zwei sehr zyklische Veilchen.
Ich weiß, Menstruation ist ein wichtiges Thema, gerade weil es immer noch tabuisiert wird, in der Werbung die Frauen hellblaues Gel bluten statt wenigstens Ketchup, Menstruationsprodukte mit 19% besteuert werden und als Luxusartikel gelten…
Diskutiert darüber, setzt euch ein. Nur bitte nicht mit mir. Mir ist die Menstruation und Nicht-Menstruation eines Menschen schnurzpiepe.
Es sei denn, ihr wollt Menschen erklären, welches Geschlecht sie aufgrund von Menstruation und Nicht-Menstruation hätten. Dann stelle ich mich gerne mit Megafon Pappschild vor eurem Bett auf:
It’s none of your fucking business who bleeds (not).
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Ich habe nachfolgende Aussagen original noch nie von trans oder enby Menschen gehört.