CN Fatshaming, Bodyimage, Bodyshaming, Fatphobia
von Rachel
In vielen Gesellschaften herrscht das Idealbild, dass Frauen und weiblich gelesene Personen dünn zu sein haben. Nicht zu dünn, aber schon kein Gramm Fett am Körper, und Kleidergröße 36/38. Idealerweise hat man auch eine Sanduhr-Figur. Dünn ist schön, dünn ist erstrebenswert und das wird überall gepredigt. Doch was ist, wenn man nicht dünn ist?
Meine Geschichte
Ich hatte schon immer eine Veranlagung schnell zuzulegen. Seit der Pubertät wurde verstärkt auf meine Figur geachtet. Auch auf die Ernährung, dass ich ja das richtige esse, damit sich bloß kein Speck an Bauch und Hüften ansetzt, denn das war meine „Problemzonen“. Ich hatte einen „Rettungsring“, ein kleines Bäuchlein und Hüftspeck. Weil es noch alles „normal“ war, habe ich nur ein paar Kniffe in die Seite und in den Bauch und ein paar „lieb“ gemeinte Bemerkungen von der Familie bekommen. Aber wann immer ich in den Spiegel geschaut habe, dachte ich, dass es nicht ich sein kann. Das Spiegelbild war okay, ich selbst habe mich aber wesentlich fülliger wahrgenommen, weil es mir so vermittelt wurde.Mit 16 habe ich angefangen die Pille zu nehmen, was zu so sichtbaren Wassereinlagerungen geführt hat, dass meine Mutter der festen Überzeugung war, ich sei schwanger – was ich nicht war. Nach einiger Zeit hatte es sich wieder eingependelt, aber ich habe dort schon gemerkt, dass ich anders behandelt wurde. Auf einmal wurden Bemerkungen an mich heran getragen, von Bekannten der Familie aus der Gemeinde, die auf meine Eltern zugekommen sind und wohl gesagt haben, man solle auf mein Gewicht aufpassen. Alles lieb gemeint natürlich. Ich hatte zwischendurch meine Hochs und Tiefs, doch nach meiner Abizeit fing mein Gewicht an, kontinuierlich zu steigen. Es wurde eine Schilddrüsenunterfunktion festgestellt, ich habe aber dennoch zugenommen, bis ich 2017 mein damaliges Höchstgewicht erreichte. Seitdem bin ich dick,aus medizinischer Sicht jetzt sogar adipös und ich habe gemerkt wie unfassbar schwer es ist, in dieser Gesellschaft dick zu sein.
Wie sich Dickenfeindlichkeit im Alltag äußert
Ich bin noch recht privilegiert, weil ich eine Kleidergröße 44/46 trage und deswegen in den meisten Mainstream-Läden in eine XL passe. Das ist so eine Sache, die mir jetzt viel bewusster ist, wie unsagbar schwer es ist als dicke Person schöne, passende und bezahlbare Kleidung zu finden und das obwohl die durchschnittliche Kleidergröße von Personen. die „Frauenkleidung“ kaufen, Konfektionsgrüße 42/44 ist . Ich musste mir früher nie Gedanken darüber machen, ob ein Kleidungsstück passt oder nicht, ich hatte immer die Möglichkeit ein paar Nummern größer zu gehen, ich hatte Auswahl. Die habe ich heute kaum noch. Nur Primark und C&A führen nicht nur bis XL, hier kann ich auch mal passende Hosen finden. Früher musste ich mir keine Gedanken darüber machen, ob ich in den öffentlichen Verkehrsmitteln mit meinem Körper zu viel Platz einnehme, heute schon. In Sachen Essen habe ich mir noch lange nicht so viele Gedanken gemacht wie heute, denn ich habe das Gefühl, die ganze Zeit beobachtet zu werden. Isst die Dicke Fast Food, dann ist es klar warum sie so dick ist, isst sie einen Salat wird sie belächelt. Bei Ärzt*innen wurde mein Gewicht früher nicht kommentiert, heute verursacht mein Gewicht angeblich alle meine Symptome. Die Gesellschaft hasst dicke Menschen und sieht sie nicht als eingenständige Personen an, ihnen wird ihr Menschsein abgesprochen sobald sie dick sind. Gefühlt alle sind jetzt Expert*innen und geben mir ungefragt Diät Tipps und hauen Kalendersprüche raus.
Vermeintlich kluge Sprüche und Dating
„Du musst nur wollen, wenn du wirklich willst, dann schaffst du es auch abzunehmen! Alles Kopfsache.“ Dick zu sein, davor fürchten sich besonders Frauen. Denn man gilt dann nicht mehr attraktiv, eventuelle Partner*innen, wobei hier verstärkt cis hetero Männer ein Problem sind, wollen keine Beziehung mit einer dicken Person, weil sie sich schämen eine dicke Frau attraktiv zu finden. Auch die ständige Frage „Sehe ich in dieser Kleidung dick aus?“ muss immer verneint werden – vehement, denn dick wird mit hässlich gleich gesetzt.
Eine dicke Person muss immer den Wunsch haben abzunehmen, weil sie kategorisch unglücklich sein muss! Eine dicke Person die sich und ihren dicken Körper liebt, das ist ein Paradox.