Oft hört man Menschen sagen, dass dieser „Gender-Quatsch“ zu weit gehe und dass es überhaupt nicht nötig sei, darauf aufmerksam zu machen. Eben diese Menschen sind es, die gerne in die Rosa-Hellblau-Falle tappen und in dem „Zwei-Geschlechter-Muster“ denken.
Denn wenn man sich umschaut, dann sind für cis Frauen vermarktete Produkte oft teurer als die für cis Männer vermarkteten. Sei es beim Haareschneiden, in der Drogerie, in der Reinigung oder bei der Kleidung.
Ein Beispiel beim Friseur
Besonders der Haarschnitt wird oft damit rechtfertigt, dass es bei „Frauenhaarschnitten“ aufgrund der Haarlänge einfach länger dauert, was so nicht stimmt. Meine Haare sind schulterlang und ich schneide mir alle 8-12 Wochen die Spitzen, nichts Aufwändiges und es ist ein Prozess der ca. 10 min einnimmt. Dafür bezahle ich je nach Salon zwischen 17 und 30 Euro. Sollte ein Mann mit meiner Haarlänge in den Laden kommen und sich die Haare schneiden lassen wollen, würde dieser weniger bezahlen als ich, einfach weil er ein Mann ist. Hier ein Ausschnitt einer Preistabelle eines Friseursalons:
Gender Pricing
Dieses Phänomen nennt sich „Pink Tax“ oder „gender pricing“ und wurde von verschiedenen Studien bereits aufgedeckt. So hat die Verbraucherzentrale Hamburg eine umfassende Studie veröffentlicht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Produkte, die als „Frauenprodukte“ vermarktet werden, deutlich teurer sind als „Männerprodukte“. Aber das sieht man nicht auf den ersten Blick!
Hier hat die Verbraucherzentrale einen Preisvergleich verschiedener Pflegeprodukte vom Dezember 2017 durchgeführt, das Ergebnis ist ernüchternd. Der einzige Unterschied dieser Produkte ist die Farbe und der Geruch. Vom Aufwand der Inhaltsstoffe und in der Verarbeitung gibt es keinen Unterschied.
Auch Menstruationshygieneartikel wie Tampons und Binden sind mit einem höheren Mwst.Satz von 19% versehen, was der Mehrwertsteuersatz für Luxusgüter ist. Der Mehrwertsteuersatz für wichtige Güter des täglichen Bedarfs, wozu Menstruationsartikel offenbar nicht zählen, beträgt 7%. Toilettenpapier bspw. zählt dazu, denn dieses ist mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7% versteuert. Immerhin: ab 01.1.2020 soll die Steuer auf Tampons und Co. sinken. Ein kleiner Erfolg, der nur durch Hartnäckigkeit zustande gekommen ist. In anderen Bereichen ist ein vergleichbares Einlenken in weiter Ferne.
Wie Marketing Binarität festigt
Dem binären Verständnis von Geschlechtern wird heute mehr Aufmerksamkeit geschenkt, immer mehr Produkte werden „für Frauen“ oder „für Männer“ beworben, angefangen bei den Kleinsten. Schokolade in zwei, farblich unterschiedlichen Verpackungen, Schnuller in rosa oder blau, beliebtes Spielzeug wird plötzlich in zwei Kategorien vermarktet. Gesteigert wird diese Strategie mit Brotdosen für „Sie“ und „Ihn“, Tee und Gewürze in zwei Verpackungen und der fortwährenden Suggestion, es gäbe genau zwei Geschlechter, die absolut unterschiedlich seien. Und die dabei als „Frauen“ festgelegte Zielgruppe müsse eben mehr zahlen. Der Markt hat dieses Phänomen erschaffen und trägt weiterhin dazu bei, dass der Mythos, cis Frauen und Menschen, die die Gesellschaft als solche liest, gäben mehr Geld für Pflegeprodukte aus oder müssten länger auf dem Frisörstuhl sitzen, aufrecht erhalten wird. Schlussendlich entspricht dieser Mythos der Wahrheit, denn gezwungenermaßen geben Käufer:innen von für cis Frauen vermarkteten Produkten mehr Geld aus als für das gleiche für cis Männer beworbene Produkt – und das muss sich ändern.