by Rachel
Durch die aktuelle Corona-Pandemie haben wir fast alle mit massiven Umbrüchen zu kämpfen, die den Alltag, den wir kannten, komplett durcheinanderwirbeln. Das ist bereits für neurotypische Menschen (Menschen die keine psychische Erkrankung oder neurologische Störung haben) sehr belastend und anstrengend, aber für neurodiverse Menschen kann dies zu einem ernsthaften Problem führen.
Wie sich mein ADHS geäußert hat
Ich habe ADHS. Das wurde bei mir schon in der Grundschule diagnostiziert, und das nicht, weil ich nicht stillsitzen konnte, denn das konnte ich ausgesprochen gut. Vielmehr bin ich sehr oft mit den Gedanken abgedriftet und in Tagträume verfallen, aus denen ich meist nur durch äußere Einwirkungen wie mehrfaches Ansprechen oder die Schulklingel gerissen werden konnte. Auch hatte ich massive Schwierigkeiten, mich auf eine Sache zu konzentrieren, da mich alles unheimlich schnell abgelenkt hat. Je älter ich wurde, desto mehr Facetten lernte ich von meinem ADHS kennen. Ich habe gemerkt, dass ADHS meine Wahrnehmung stark beeinflusst, dass ich enorm tollpatschig bin und mich bereits am Türrahmen gestoßen habe. Auch habe ich mit dem Älterwerden gemerkt, wie schwer es mir fällt, mich selbst zu strukturieren. Das äußerte sich zu Schulzeiten durch mein verkorkstes Zeitmanagement; ich habe es es selten geschafft, irgendwo pünktlich zu kommen – und das ist bis heute so.
Routine schaffen – wie?
Ich bin mittlerweile fast 26 Jahre alt. Dadurch, dass ich gerade wegen Corona keinen festen Alltag habe, versuche ich, mir eine neue Routine aufzubauen. Beispielsweise stehe ich unter der Woche immer zur selben Uhrzeit auf und versuche, den Morgen so zu starten, wie ich es vorher immer gemacht habe. Das hilft mir nicht nur, weil ich so die Zeit in einen klar erkennbaren und greifbaren Rahmen packen kann, sondern auch, weil ich so nicht gefangen bin zwischen exekutiver Dysfunktion (über einen längeren Zeitraum in einer Position gefangen sein, z. B. ewig unbeweglich auf dem Bett sitzen) und Hyperfokus (extrem auf eine Tätigkeit fixiert sein). Auch habe ich vor einiger Zeit Bullet Journaling entdeckt. Ein Bullet Journal, das kann alles sein, von einem Terminkalender, bis Notizbuch, bis Tagebuch. Ich nutze es hauptsächlich als selbstgestalteten Terminkalender und Planner. Das ist echt etwas, das mir enorm hilft. Ich bin ein kreativer Mensch, der aber aufgrund mangelnder Dopaminausschüttung schnell Abwechslung braucht – etwas, das das Bullet Journal beides bedient. Visualisierung von Plänen ist hier auch ein entscheidender Faktor: Durch das Aufschreiben vergesse ich die Dinge nicht und habe immer vor Augen, was die Woche über ansteht. Ich sehe auch deutlich, was ich geleistet habe. Mein Hirn liebt Listen, und noch mehr liebt es es, Dinge von Listen abzuhaken – Dopamin Kick garantiert. Ich brauche es, zu wissen, was ich geschafft habe, um mir selbst sagen zu können: „Hey, schau mal, das alles hast du heute geschafft!“, auch weil ich dazu neige, zu vergessen, was ich gemacht habe. Neben all der Produktivität ist es für mich aber genauso wichtig, mir klar zeitlich geregelte Auszeiten zu nehmen. Unter der Woche ist das besonders essentiell, damit ich mich erholen kann, aber mich nicht darin verliere. Am Wochenende klingelt mein Wecker – wenn überhaupt – erst 2 bis 3 Stunden später als unter der Woche. Da plane ich die Zeit nicht so strikt durch. Samstag ist zwar der Tag, an dem ich Wäsche wasche und mein Zimmer putze, aber auch das ist tatsächlich wichtig für meine Routine, damit ich es nicht liegen lasse und vergesse.
Zusammengefasst sind meine Tipps, um aktuell eine Routine zu finden: Unter der Woche jeden Tag um die gleiche Uhrzeit aufstehen, einen Stundenplan für die Woche erstellen und mithilfe eines Bullet Journals alles visualisieren. Ich hoffe ihr konntet etwas aus meinem Beitrag mitnehmen, sei es Inspiration oder Dinge die euch selbst den Alltag erleichtern. Kommt gut durch die Zeit und stay safe.