Mädchen, das: Kind weiblichen Geschlechts (duden.de)
Mädel: Bedeutung: Mädchen. Herkunft: Verkleinerungsform von Magd (duden.de)
Kurzfassung: Ich bin kein Kind, sondern eine erwachsene Frau. Ich verbitte es mir, als Mädel, als Kind bezeichnet zu werden.
Langfassung: Sobald ich mich in oder mit einer Frauengruppe rumtreibe, wird mindestens eine irgendwann anfangen, von „uns Mädels” zu sprechen. Ich muss mich jedes Mal zusammenreißen, nicht lautstark an die Decke zu gehen, sondern mich daran zu erinnern, dass diese Frau das gar nicht böse meinte. Trotzdem. Ich wehre mich dagegen, bei „Mädels” vereinnahmt zu werden, und das hat Gründe.
Mädchen?
Ob ich nun als Mädchen oder salopper, weil angeblich cooler, als Mädel bezeichnet werde, ist mir herzlich egal. Beide Bezeichnungen meinen das Gleiche: ein Kind weiblichen Geschlechts.
Mädchen werde ich tatsächlich eher selten genannt, vielleicht weil es so eindeutig kindlich ist. Trotzdem kommt es vor, vor allem als „Mensch Mädchen”, wenn sich jemand über mich aufregt. Ich bin kein Mädchen. Ich bin eine erwachsene Frau und definitiv kein Kind mehr. Man mag darüber streiten, ab wann man kein Mädchen mehr sondern schon eine Frau ist. Ab einsetzen der Menstruation? Ab des ersten Geschlechtsverkehrs? Sind dann die Frauen, die nie eine Blutung hatten und haben werden (z.B. auch trans Frauen1), die ihr Leben lang keinen Sexualpartner*innen haben, für immer ein Mädchen, ein Kind? Sicher, es gibt die Wendung „Altes Mädchen”, aber auch das klingt abwertend und falsch.
Unabhängig davon, wo man die Grenze zieht, eine eindeutig erwachsene Frau hat man nicht als Kind zu bezeichnen – egal, welchen Begriff man gebraucht.
Mädel?
Wie auch Mädchen ist Mädel ein Diminutiv zu dem Wort Magd. Die Verkleinerungsform, die Verniedlichung. Und das auch noch zu einem Wort, das einen niedrigen Stand in der Hierarchie eines Haushaltes bezeichnet. Wie viel kleiner geht’s denn noch?
Wann immer mich jemand als Mädel bezeichnet, vor allem und ganz besonders mir unbekannte Männer, und ja, das passiert häufiger als man denkt, habe ich das Gefühl, man versucht, mich kleinzuhalten. Man scheint nicht sehen zu wollen, dass ich mir ein Diplom hart erarbeitet habe, dass ich in zahlreichen kreativ-kulturellen Projekten erfolgreich involviert war und bin, dass ich weder emotional noch finanziell von einem Mann abhängig bin und mein Leben ganz gut alleine auf die Kette bekomme, und eben nicht wie ein Kind noch eine Aufsichtsperson benötige.
Ist doch alles gar nicht schlimm!
Viele werden jetzt sagen: „Aber so ist das doch gar nicht gemeint, es ist eine Vertrautheitsform!” Trotzdem! Wenn ich nicht als Mädel bezeichnet werden möchte, hast du das zu respektieren. Übrigens ist es auch nicht besser oder cooler, mich als „Girl” zu bezeichnen. Es ist immer noch diskriminierend, nur in einer anderen Sprache. Nur weil es Englisch ist, meint dieses Wort nicht magischer Weise etwas anderes. Es bedeutet immer noch Mädchen, weiblich gelesenes Kind.
„Ich habe mit Mädel keine Probleme, ich bin eben ein 46-jähriges Mädchen”
Laut Matthias Heine soll Mädel in der Popkultur „…meist Freundschaftsbande zwischen Frauen eines äußerlich perfekten, aber in seinen Manieren burschikos-unkonventionellen Typus beschwören.”2 Doch trotz der medialen Überpräsenz und fortschreitenden Normalisierung dieser für erwachsene Frauen benutzten Bezeichnung finde ich es erniedrigend, als Mädchen oder Mädel bezeichnet zu werden. Und es ist mir scheißegal, dass du selbst damit überhaupt keine Probleme hast. Ich habe eins damit! Hör auf, meine Meinung, meine Position zu invalidieren, nur weil du cis Männern zeigen willst, dass ja nicht alle Frauen – tschuldigung: „Mädels” – so unangenehm sind wie ich.
Tatsächlich frage ich mich bei solchen Statements immer, wieso erwachsene Frauen, oft solche, die von anderen als stark und unabhängig wahrgenommen werden, so scharf darauf sind, sich sprachlich klein zu machen. Als Entschuldigung dafür, dass sie sich sonst im öffentlichen Raum immer mehr Platz und Gehör erkämpfen und bekommen? Wollen sie damit zeigen, dass sie eigentlich ganz lieb und ungefährlich für cis Männer sind und im Grunde , wie eben Kinder, nur spielen wollen?
In diesem Fall wehre ich mich noch mehr dagegen. Ich will nicht spielen. Ich bin auch nicht ungefährlich. Ich will verdammt nochmal ernst genommen werden. Nicht als Mädchen, nicht als Mädel, sondern als Frau!
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1 Mehr zum Thema Ausschlüsse über Menstruation
2 Matthias Heine, Verbrannte Wörter. Wo wir noch reden wie die Nazis – und wo nicht, Berlin 2019, S. 139
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Leseempfehlung: Frag mich nicht. Ich bin nur ein Mädchen von Kerstin Herbert.